Reform des EU-Urheberrechts: Des einen Freud, des anderen Leid...

.

...die heftig umstrittene Reform des EU-Urheberrechts hat gestern die letzte Hürde genommen. Nach Billigung des Vorhabens durch das Europaparlament haben nun auch die Staaten im EU-Ministerrat mehrheitlich dafür gestimmt.

Ziel der Reform ist es, die Rechte des Urhebers im digitalen Raum zu stärken und das Urheberrecht insgesamt mit Blick auf die Herausforderungen, die sich aus den neuen digitalen Geschäftsmodellen und Konsumgewohnheiten ergeben, besser aufzustellen. Dennoch war und ist der Entwurf der Richtlinie höchst umstritten. Während die Richtlinie vor allem von Verbänden der Kreativwirtschaft, Künstler- und Journalistenverbänden, Verlagen und Verwertungsgesellschaften begrüßt wird, stößt der Entwurf auf Ablehnung seitens Bürgerrechtsorganisationen, netzpolitischer Vereinigungen sowie der Branchenverbände der Informations- und Telekommunikationsbranche.

Worum geht es?

Zum einen soll zum Zweck des „Schutzes von Presseveröffentlichungen im Hinblick auf digitale Nutzungen", ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Presseverleger eingeführt werden. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen.

Hintergrund dieser Pauschalabgabe ist die Tatsache, dass die Suchmaschinen-Betreiber mit der Werbung auf ihren Seiten Geld verdienen, das in Teilen aber den Verlagen zusteht, die  für die angezeigten Inhalte sorgen. Dagegen spricht, dass die Artikel erst über die Suchmaschinen die Aufmerksamkeit der Leser erhalten. Kritiker befürchten nun, dass News Portale wie Google News künftig den Service einstellen, was zu einem Rückgang der Werbeeinnahmen auf den verlinkten Presseportalen führen könnte.

Des Weiteren soll mit der Richtlinie die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte durch „Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten", also durch Online-Plattformen wie z.B. YouTube geregelt werden. Diese Dienstanbieter sollen für Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer vollständig haften, es sei denn, sie unternehmen alle Anstrengungen mit den betroffenen Rechteinhabern Lizenzen auszuhandeln, setzen verhältnismäßige (technische) Maßnahmen zur Verhinderung dieser Verstöße (zum Beispiel sog. „Upload-Filter") ein und entfernen bei Kenntnis eines Verstoßes das betroffene Werk, um dessen erneutes Hochladen zu verhindern. Für junge Dienstanbieter (unter drei Jahre) mit wenig Umsatz und wenigen Nutzern sollen weniger strenge Regeln gelten.

Bislang galt das sogenannte „Providerprivileg" der E-Commerce-Richtlinie, wonach Anbieter auf Urheberrechtsverletzungen erst reagieren müssen, wenn sie darüber in Kenntnis gesetzt wurden. Jetzt werden Plattformen stärker in die Pflicht genommen: sie haften nicht für die Urheberrechtsverletzung, wenn sie beweisen, dass sie die erforderlichen Anstrengungen unternommen haben, das urheberrechtlich geschützte Material nicht zugänglich zu machen.

Die EU-Länder haben nun rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Die Bundesregierung hebt in einer Protokollerklärung hervor, bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie praktikable Kontrolllösungen suchen und zugleich auf den Einsatz der umstrittenen Upload-Filter verzichten zu wollen.

Was bedeutet das für Sie?

Wer eine Webseite unterhält, die auch Beiträge von Nutzern anzeigt bzw. auf der von Nutzern generierte Inhalte abrufbar sind, wird davon ausgehen müssen, damit zugleich als Diensteanbieter eingestuft zu werden und für eine lizenzrechtliche Absicherung sorgen zu müssen. Im Prinzip reichen schon kurze Texte oder Links mit textlichen Erläuterungen, die einem Leistungsschutzrecht eines Dritten unterliegen können, aus. Bietet die Firmenpage z.B. die Option eines Livestreams seitens der Nutzer, ein Webforum oder eine Fotogalerie an, wird es erforderlich sein, alle notwendigen Lizenzen einzuholen. Dies betrifft nicht nur den primären Content, sondern auf jeglichen sekundären Inhalt, z.B. Bilder, Aufnahmen, die im Hintergrund zu sehen sind.

Webseiten-Betreiber werden künftig noch sorgfältiger prüfen müssen, wenn fremde Inhalte auf der eigenen Homepage integriert werden sollen. Es ist daher ratsam, sich schon frühzeitig Gedanken zu machen, wie und in welcher Form urheberrechtlich geschützte Inhalte auf der eigenen Webseite auftauchen könnten, um in zwei Jahren rechtzeitig handlungsfähig für das dann verbindlich geltende Urheberrecht zu sein. Dieses unterscheidet im Übrigen nicht nach der Größe eines Unternehmens, jede Teilnahme am Internet wird davon betroffen sein. Einzige bisherige Ausnahme: bis zu drei Jahre alte Startups, die unterhalb einer bestimmten Umsatzgrenze liegen.


Autor: Micaela Schork, LL.M.

Für Fragen steht Ihnen die Autorin jederzeit gern zur Verfügung.