Praxiswissen Transportrecht - Schadensersatz bei Diebstahl von Transportgut

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Mit Urteil vom 17.01.2012, Az. 3 U 740/09, hat das Oberlandesgericht Köln eine wichtige Entscheidung zur Berechnung von Schadenersatz bei Diebstahl von Transportgut gefällt.

1.

Folgendes war passiert:

Die Beklagte, ein Transportunternehmen, sollte im Auftrag der Klägerin 567 Kartons mit Textilware von Köln nach Rom transportieren. Die Klägerin hatte die Ware, im Wesentlichen T-Shirts, Long-Shirts und Röcke, zuvor ausweislich einer Rechnung für EUR 175.470,- gekauft.

Zu Beginn der Zusammenarbeit war die Beklagte von der Klägerin durch ein Merkblatt darauf hingewiesen worden, dass im sog. „Bermuda-Dreieck“ in Norditalien mit erhöhtem Diebstahlsrisiko zu rechnen sei. Das Merkblatt enthielt den Titel „Auslieferung in Italien – Rom zu beachten (Warenwert: EUR 250.000,00)“. Hiernach sollten die Fahrer Pausen und Nachtruhen ausschließlich auf überwachten Parkplätzen machen. Der Fahrer der Beklagten fuhr im besagten Fall zwecks Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten im „Bermuda-Dreieck“ jedoch auf einen unbewachten Parkplatz und stellte den LKW direkt neben dem Restaurant ab. In der Ruhepause wurden alle 567 Kartons entwendet.

2.

Das Landgericht Köln verurteilte die Beklagte in erster Instanz zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von EUR 175.470,-. Dieses Urteil hob das Oberlandesgericht Köln in zweiter Instanz zu einem wesentlichen Teil auf. Es senkte den zu zahlenden Schadenersatzbetrag auf EUR 36.650,-.

Das Oberlandesgericht führte aus, dass es trotz des Merkblatts nicht von einem leichtfertigem Handeln des Frachtführers ausgehe. Das Merkblatt könne auch so verstanden werden, dass es lediglich ab einem Warenwert von mehr als EUR 250.000,- zwingend zu beachten sei. Die Beklagte habe sich ferner nicht in „krasser Weise“ über die Sicherheitsinteressen der Klägerin hinweggesetzt. In Anbetracht der Tatsache, dass das Fahrzeug vor dem Restaurant des Parkplatzes abgestellt worden war und der Parkplatz nahezu voll belegt war, sei nicht von einem leichtfertigen Handeln auszugehen.

Deshalb haftete die Beklagte nur in Höhe des Marktwertes der Textilien. Dieser betrug nach Auffassung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen lediglich EUR 36.650,-. Die Klägerin hatte beim Kauf ein schlechtes Geschäft gemacht, da sie für geringwertige Textilien einen deutlich überhöhten Preis bezahlte. Dieser Umstand dürfe keine Auswirkung auf die vom Frachtführer zu leistende Schadenersatzhöhe haben. Der Schadensersatz betrug daher EUR 36.650,-.

3.

Hätte die Klägerin hingegen klarere Vorgaben zum Verhalten im „Bermuda-Dreieck“ gemacht, so wäre von einem leichtfertigen Handeln der Beklagten auszugehen gewesen. Die Klägerin hätte dann die volle Rechnungssumme als Schaden von Beklagten verlangen können.

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