Praxiswissen: Neue Entwicklung im Urlaubsrecht?

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"Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub". Somit beschäftigt das Thema Urlaub die Gerichte eigentlich zu jeder Jahreszeit. Insbesondere im Zusammenhang mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder „über den Jahreswechsel" tauchen Fragen nach der Übertragbarkeit bzw. dem Verfall oder der Abgeltung von Urlaubsansprüchen auf.

Das BUrlG sieht grundsätzlich vor, dass Erholungsurlaub in dem Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen ist, in dem der Anspruch entstanden ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Anspruch bis zum 31.03. des Folgejahres übertragen werden. Danach verfällt der Urlaubsanspruch grundsätzlich. Der Arbeitgeber kann sich allerdings bei Nichtgewährung im laufenden Kalenderjahr schadensersatzpflichtig machen, so dass er dem Arbeitnehmer ggf. Ersatzurlaub im Folgejahr gewähren muss.

Mit Urteil vom 12.06.2014 (Az. 21 Sa 221/14) hat das LAG Berlin-Brandenburg entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz von sich aus zu erfüllen. Beachtet er dieses nicht, macht er sich selbst dann schadensersatzpflichtig, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag im laufenden Kalenderjahr gestellt hat. Der Arbeitgeber sei vielmehr verpflichtet, für eine rechtzeitige Gewährung des Erholungsurlaubs Sorge zu tragen.

Mit dieser Entscheidung weicht das LAG Berlin-Brandenburg von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab. Konsequenterweise wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Jedoch liegt die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg im Trend der Rechtsprechung des EuGH, die für einen Entzug oder den Verfall von Urlaubsansprüchen immer höhere Hürden aufstellt.

Wenn sich das BAG der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg anschließen sollte, hätte dieses für die Arbeitgeber-Praxis erhebliche Auswirkungen.

Präventiv sollten

  • Urlaubsansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauestens dokumentiert werden (einschließlich der Anträge und ggfs. Ablehnungen);
  • bestehende arbeitsvertragliche Regelungen zum Urlaub überprüft und ggfs. im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten „Eckpunkte" (Differenzierung zwischen gesetzlichem und vertraglichem Anspruch) angepasst werden.

Sollte sich nämlich das BAG von seiner bisherigen Haltung ab- und der Argumentation des LAG Berlin-Brandenburg zuwenden, ist nicht auszuschließen, dass für die bisherige Handhabung kein Vertrauensschutz mehr gewährt würde.

Ihre Ansprechpartner:

Michael Niermann / Dr. Georg Jaster / Daniel Lüdemann / Matthias Klagge