JUS-Letter Arbeitsrecht: Urlaub kann vererbt werden!

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Rechtsprechung geändert: Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können vom Arbeitgeber künftig eine finanzielle Vergütung für dessen nicht genommenen Jahresurlaub verlangen.

Bisher war gefestigte Rechtsprechung des BAG, dass ein Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers unterging und sich nicht in einen Abgeltungsanspruch i.S.v. § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln ließ (BAG, Urteil vom 12.03.2013, 9 AZR 532/11). Somit konnte er auch nicht Teil der Erbmasse werden.

War europarechtlich schon zweifelhaft, dass ein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, führten Entscheidungen des ArbG Berlin und des LAG Köln dazu, dass das BAG die Fragestellung dem EuGH nochmals vorlegte.

Dort wurde bestätigt, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach Unionsrecht nicht mit seinem Tod untergehen darf. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers könnten zudem eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen.

Dem folgend hat das BAG entschieden, dass das deutsche Urlaubsrecht unionsgerecht auszulegen ist. Die gebotene Auslegung der §§ 1, 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ergebe unter Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidung vom 6. November 2018, dass der Resturlaub auch dann abzugelten sei, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.

Weiter machte das BAG in seiner Entscheidung vom 22.01.2019 (Az 9 AZR 45/16 (A)) deutlich, dass der Abgeltungsanspruch der Erben nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen umfasst. Zusatzurlaub aufgrund Schwerbehinderung oder Mehrurlaub nach § 26 TVöD ist ebenfalls mit zu berücksichtigen.

Diese Entscheidung hat nicht nur arbeitsrechtliche Auswirkungen, sondern dürfte auch für die bilanzielle Behandlung von nicht genommenem Urlaub von Relevanz sein. Nicht auszuschließen sein dürfte, dass Erben selbst einige Zeit nach dem Erbfall angesichts dieser Änderung der Rechtsprechung noch auf frühere Arbeitgeber zukommen, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis verstorben ist.

PRAXIS-TIPP

Diese Entscheidung hat nicht nur arbeitsrechtliche Auswirkungen, sondern dürfte auch für die bilanzielle Behandlung von nicht genommenem Urlaub von Relevanz sein.

Aus Arbeitgebersicht ist es ratsam, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Es gilt, im Vorfeld, bevor Ansprüche reklamiert werden, sicher zu stellen, dass die relevanten Angaben über noch offene Urlaubstage verfügbar sind. Weiter kann die Entscheidung von Relevanz sein für die Bildung von bilanziellen Rückstellungen für noch nicht verjährte Zeiträume.

Erben von Personen, die der Tod aus einem laufenden Arbeitsverhältnis gerissen hat, können erwägen, ob sie gegenüber dem Alt-Arbeitgeber ggfs. noch Ansprüche erheben wollen.

Hier finden Sie den JUS-Letter zum Download. Unser Team Arbeitsrecht steht Ihnen für Fragen jederzeit gern zur Verfügung!