Praxiswissen Transportrecht

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In Rahmenverträgen der Logistikbranche sind Mindestmengenvereinbarungen heutzutage gang und gebe. Dass derartige Vereinbarungen im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer strengen Wirksamkeitskontrolle unterliegen, verdeutlicht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2012, Az.: VII ZR 222/12.

1.

Die Klägerin betrieb eine Müllverbrennungsanlage für Gewerbeabfälle. Sie schloss mit der Beklagten einen Vertrag über die Anlieferung und Entsorgung von Abfällen. In diesem verpflichtete sich die Beklagte, jährlich eine Mindestmenge von 20.000 Tonnen an Abfällen, pro Quartal 5.000 Tonnen, anzuliefern. Der Vertrag enthielt ferner folgende Klausel:

„Hat der Kunde die vereinbarte Quartalsmenge nicht angeliefert und ist auch kein Ausgleich durch entsprechende Mehrmengen im ersten Monat des folgenden Quartals erfolgt, so hat der Kunde das Entgelt für die volle vereinbarte Menge zu zahlen (bring-or-pay-Verpflichtung).“

Bei den Bestimmungen des Vertrages handelte es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Klägerin den Anlieferungsvertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hatte und entsprechend verwendete.

Bereits kurz nach Beginn der Abfallanlieferungen der Beklagten kam es zu Unstimmigkeiten, die letztlich dazu führten, dass die Klägerin der Beklagten für „Mindermengen 2009“ einen Betrag in Höhe von EUR 709.922,02 in Rechnung stellte. Die Beklagte verweigerte die Zahlung.

2.

Der BGH wies die Zahlungsklage in letzter Instanz ab. Die ‚bring-or-pay-Klausel‘ sei unwirksam, weil sie die Beklagte unangemessen benachteiligt.

Die Klausel zielte ersichtlich darauf ab, die Vollauslastung der Müllverbrennungsanlage finanziell abzusichern. Die Klausel hatte deshalb reinen Entschädigungscharakter, weicht allerdings in unzulässiger Weise von den allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts ab. Die Klausel berücksichtige nämlich nicht die durch die Nichtanlieferung ersparten Aufwendungen oder den durch freiwerdende Kapazitäten ermöglichten anderweitigen Erwerb. Dies könnte dazu führen, dass die Klägerin bei der Anlieferung geringerer Abfallmengen sogar besser gestellt würde, als sie stünde, wenn die Beklagte die vereinbarte Menge angeliefert hätte. Dies ist mit den allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts nicht vereinbar.

3.

Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung unterstrichen, dass das schadenersatzrechtliche Bereicherungsverbot bei Mindestmengenvereinbarungen zu beachten ist. Wirksame vertragliche Mindestmengenregelungen haben daher den tatsächlich entgehenden Gewinn im Blick zu halten und sollten der anderen Vertragsseite die Möglichkeit eröffnen, einen geringeren Schaden nachzuweisen.

Sollten Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben, so stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.