Praxiswissen Transportrecht

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Bei Abhandenkommen von Transportgut steht regelmäßig der Vorwurf der Leichtfertigkeit im Fokus transportrechtlicher Entscheidungen. So auch im vorliegenden Fall, den der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13.12.2012, Az.: I ZR 236/11) zu entscheiden hatte.

1.

Eine Tabakwarenhändlerin beauftragte ein Speditionsunternehmen im Jahr 2008 mit der Versendung von Tabakwaren. Der Fahrer übernahm das Transportgut an einem Freitag in Bremen und beförderte es im Wege eines Sammelladungstransports zunächst bis Chemnitz. Dort stellte er das Fahrzeug nebst beladenem Kastenauflieger gegen Mitternacht in einem unbewachten Gewerbegebiet ab und setzte die Fahrt zu einem Umschlagslager in Sachsen am Montag fort. Im Umschlagslager wurde festgestellt, dass der Kastenauflieger während der Standzeit in Chemnitz geöffnet und ein Teil der Tabakwaren entwendet worden war.

Das Speditionsunternehmen wurde unter Verweis auf leichtfertiges Handeln des Fahrers auf Ersatz des vollen Schadens in Anspruch genommen.

2.

Nachdem die beiden Vorinstanzen der Klage in vollem Umfang stattgegeben hatten, hob der Bundesgerichtshof die Urteile der Vorinstanzen wieder auf:

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs rechtfertigt das Abstellen eines mit Sammelgut beladenen Kastenaufliegers am Wochenende in einem unbewachten Gewerbegebiet einer deutschen Großstadt nicht ohne weiteres den Vorwurf der Leichtfertigkeit.

Dem Fahrer hätte zusätzlich bewusst sein müssen, es könne zu einem Diebstahl des Transportgutes kommen. Im vorliegenden Fall war jedoch nichts dafür ersichtlich, dass es in diesem Gewerbegebiet bereits zuvor zu Diebstählen von Transportgut gekommen ist. Die Tabakwarenhändlerin hatte dem Speditionsunternehmen auch keine konkreten Weisungen für die Durchführung des Transports erteilt. Das Speditionsunternehmen hatte seinerseits keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen bei der Durchführung des Transports zugesagt. Das Transportgut befand sich in einem verschlossenen Kastenauflieger, der im Vergleich zu einem Planenwagen eine wesentlich größere Sicherheit gegen Entwendungen der transportierten Güter bietet. Auch das äußere Erscheinungsbild des Transportfahrzeugs gab keinen Anlass zur Annahme, es könnten sich darin besonders wertvolle Güter befinden. Unter den gegebenen Umständen musste der Fahrer nicht das Bewusstsein haben, es werde mit Wahrscheinlichkeit zu einem Diebstahl der im Kastenauflieger befindlichen Tabakwaren kommen.

3.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verdeutlicht, dass an den Vorwurf der Leichtfertigkeit  hohe Anforderungen gestellt werden, die der Anspruchsteller darlegen und beweisen muss. Infolge von Umladungen oder unbewachten Zwischenstopps entstehende Schäden an der Ware führen in aller Regel nur dann zu vollständigem Schadensersatz, wenn entsprechende Verbote vereinbart sind.

Sollten Sie Fragen zu dieser Entscheidung haben, so stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.