Praxiswissen Transportrecht

.

Mit Urteil vom 29.03.2012, Az.: 14 O 114/11, hat das Landgericht Bonn eine wegweisende Entscheidung getroffen, wie vom Absender der Inhalt verlorengegangener Versandpakete nachgewiesen werden kann.

1.

Die Beklagte, ein KEP-Dienstleister, übernahm den Paketversand von Musikinstrumenten für einen Versandhändler.

Der Versandhändler nutzte das elektronische Versandsystem der Beklagten. Hierbei gab er ein, welche Waren mit welcher Rechnungsnummer, an welchen Empfänger geschickt werden sollten. Das im System der Beklagten erstellte „Versand-Label“ klebte der Versandhändler selbst auf die Umverpackung der jeweils zu befördernden Sendung. Die so vorbereiteten Sendungen wurden von der Beklagten dann für den Transport abgeholt.

Innerhalb weniger Monate gingen insgesamt 10 Pakete verloren.

2.

Die Beklagte erstattete auf Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für jedes verlorene Paket EUR 500,00 zuzüglich der Transportvergütung. Der Wert der verloren gegangenen Waren war jedoch in allen 10 Verlustfällen deutlich höher. Es oblag daher dem Versandhändler, den Inhalt der Pakete und den höheren Wert nachzuweisen.

3.

Das Landgericht Bonn nahm das vorliegend praktizierte elektronische Versandsystem unter die Lupe und ging im Ergebnis von einer Beweismaßreduzierung aus:

Wenn die Übergabe eines Paketes an den Transporteur feststehe, so liege grundsätzlich die Vermutung nahe, dass der Versender die in den Rechnungen und Lieferscheinen aufgeführten Waren tatsächlich auch an den Transporteur übergeben hat, so das Gericht. Dementsprechend spreche stets eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die in den Lieferscheinen und Rechnungen – und hier erstmals ausgeurteilt in elektronischen Versand-Paketanzeigen – aufgeführten Waren tatsächlich die Versandabteilung des jeweiligen Versenders durchlaufen haben.

Das Landgericht Bonn ergänzte ausdrücklich, dass diese Beweiserleichterung auch greife, wenn der Absender ein großer Versandhandel sei.

Da die Beklagte darüber hinaus nicht erklärte, was sie zur Vermeidung der Verluste unternommen hatte, musste sie den vollen Wert der Musikinstrumente ersetzen.

Ihr Ansprechpartner: Klaus-Peter Langenkamp